# 123 by © Hilmar Alquiros, Philippines

 

 

Hilmar Ebert, Aachen

 

Kombiniere ... Matt!

 

Lektion 7: Problemhafte Partiezüge ...

 

 Eine besondere Faszination geht seit eh und je von Kombinationen aus, die das „Ziel aller Ziele“ im Schachspiel, das Matt, entweder zwingend verwirklichen oder doch zumindest als Idee beinhalten als tragender Pfeiler, als glanzvolle Höhepunkte der Partie!

 

 Die edle Kunst des Schachproblems verdankt ihre Existenz, zumindest in den historischen Anfängen, den Mattkombinationen! Trotz der hohen, eigenständigen Entfaltung des Problemschachs vor allem seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts können sich die beiden Disziplinen gegenseitig befruchten: So manche überraschende Partiefeinheit wurde zur Anregung für Studien- und Problemkomponisten, zuweilen tauchen sogar umgekehrt Problemideen (obwohl sie zunächst völlig partieunmöglich erscheinen) in praktischen Begegnungen auf dem Schachbrett auf z. B. dann, wenn einer der Spieler zugleich Komponist ist ...

 

1. Schatz - Giegold

Hof, 1928

Schwarz am Zuge

 

2. Kasparow - Beljawski

Moskau, 1983

Weiß am Zuge

 

3. Pflughaupt - Galander

Münster, 1954

Weiß am Zuge

  

4. Kotrc - Prokes

Wien, 1907

Weiß am Zuge

 

5. Engels - Cardoso (& Beratende)

Simultanpartie

Ribeirao Preto, 1949

Weiß am Zuge

 

6. Fuchs - Witkowski

Lublin, 1969

Weiß am Zuge

 

7. Ujtelky - Pachman

Trenclanske Teplice, 1953

Schwarz am Zuge

 

8. Barcza - Tatar

Debrecen, 1931

Weiß am Zuge

 

9. Seirawan - Browne

Lone Pine, 1979

Schwarz am Zuge

 

Lösungen:

 

Nr. 1: Beginnen wir mit einigen kleinen Beispielen! Der nämliche Herr Giegold, der mit so vielen Schachproblemen den Freunden des Königlichen Spiels besonders harte Nüsse vorgesetzt hat, zeigt hier auch in der Partie eine scharfe Klinge - mit problemhaften Lenkungen der weißen Steine zur Vorbereitung des abschließenden Damenopfers!

1.-Dh7+! erzwingt, da zugleich der Turm auf d3 angegriffen ist, 2.Tg3; nach 2.-Td1+! (2.-Dh3:+? würde nach 3.gh3: Td1+  4.Kh2 Th1+  5.Kg3 Tg1+ nur ein Remis erreichen)  3.Kh2 Th1+! wird der weiße Monarch zuerst einmal auf das Feld g3 gelenkt (nach 4.Kh1:? würde 4.-Dh3:+! sofort das Matt erzwingen: 5.Kg1 Dg2: matt). Nun, nach 4.Kg3, schlägt ein anderes Damenopfer (!) durch: 4.-Dh4+!!  5.Th4:+ gh4: matt.

 

Nr. 2: Dass auch der - dem Problem- und Studienschach freundlich gesonnene - Weltmeister raffinierte und problemhafte Lenkungsmanöver in petto hält, um mit seinem Gegner gelegentlich Katz und Maus zu spielen, sehen wir nach der Einleitung 1.f6! (2.dg7 matt) 1.-se6 (!)  2.Dh5+ Kg8  3.Dg4+ Kh7  in dem tollen "Vorplan" 4.Da4!! sc7 (!) - um Läufer und Turm zu schützen - 5.Dd7! Tc8 (!) - Springer und Turm mußten versorgt werden - und nun kann der "Hauptplan" erfolgen, da der Hauptverteidiger keine Zeit mehr findet, von e6 aus wieder das Feld g7 zu decken: 6.Df5+ aufg. (!), wegen 6.-Kh8  7.Dh5+ Kg8  8.Tg5+ Kh7  9.Dg7 matt oder 6.-Kh6  7.g4! nebst Dh5 matt! Kasparow zog mit 4.Da4!! die "logische" Problemwendung (gegenüber den banaleren Gewinnzügen 4.De4+ oder 4.De6:) vor ...

 

Nr.  3: Beginnen wir das nächste Motiv wieder mit einem partiespielenden Problemkomponisten: Auch hier suchte der Weiße die "besondere Note" mittels 1.se6:! Hinein(-ziehung) ins Vergnügen ... 1.-Ke6: und das Damenopfer 2.Dd5+! folgte genüsslich. Nach 2.-sd5:  3.Lg4+! ist der Rückweg via f7 abgeschnitten: 3.-Ke5  5.Tf5+ Ke6  5.ed5: matt und der unscheinbare Bauer auf e4 avanciert zum Tageshelden!

 

Nr. 4: Ein Hineinziehungsopfer ganz anderer Prägung, aber ebenfalls mit kunstvollem Ideenhintergrund, folgt hier nach 1.Te8+! Ka7 (!) (noch das Beste: 1.-Kc7  2.Da5+!! Kd6 [2.-Kd7?  3.Dd8 matt oder 2.-b6  3.De5+! Kd7  4.De7 matt] 3.De5+ Kd7  4.De7 matt)  2.Ta8+! [auch dieses Turmangebot kann nicht angenommen werden: 2.-Ka8:?  3.Dc8+ nebst  4.Db7: matt]  2.-Kb6 (!) durch den Zug 3.Da5+!! Das also war des Pudels Kern ...) 3.-Ka5:  4.ab7:+! mit Abzugsschach zwecks 4.Kb6 (5)  5.b8D+ Reinkarnation der Dame ("Phönix"-artig) 5.-Kc5  6.Ta5+ aufg. (6.-Kd4  7.Df4:+ ...) - eine Perle!

 

Nr. 5: Die echten Problemisten werden einwenden, dass die eigentlichen Problemthemen in der Partie aber niemals vorkommen könnten ... Für viele hochgestochene modernen Themen des Kunstschachs mag dies durchaus zutreffen, aber ein immerhin klassisches Mattmotiv sehen wir in dieser Simultanpartie: Nach 1.Dh7+! Kh7: (1.-Kf8?  2.Dh8 matt) 2.sf6+ Kh8 (2.-Kh6:  3.Th3+ Kg5  4.Tg3+ ...!)  3.Lg7:+! öffnet ein zweites Opfer alle Schleusen: 3.-Kg7: (3.-Tg7:  4.Th3+ ...)  4.Tg3+! und aufg.; es würde jetzt das sogenannte Sternfluchtthema folgen!  4.-Kf6/Kf8/Kh6/Kh8  5.Tg6 matt/Tg8 matt/Tg6 matt/Tg8 matt: Die 4 Fluchtfelder sind sternförmig angeordnet, die vier orthogonalen nennt man entsprechend Kreuzflucht - ob es diese auch bereits in der Partie geben mag?!

 

Nr. 6: 20 Jahre später tauchte das Sternfluchtthema wieder in einer Partie, diesmal im ersten Zug des Schwarzen als Variantenbildung auf! Nach dem Abgabezug 1.Ta5+! ließ sich der Schwarze den Rest aber nicht mehr zeigen ... es würde folgen: 1.-Ke6  2.sg5+ Kf6  3.Tf7 matt; 1.-Kc6  2.se5+ Kb6  3.sc4+ Kc6  4.Tc5 matt; 1.-Ke4  2.Te7+ Kd3  3.Tc5! und die Drohung 4.Te3 matt entscheidet; 1.-Kc4  2.Tc5+ Kb4(3)  3.Tb7+ usw. mit baldigem Matt (spätestens im 8. Zug!).

 

Nr. 7: Eine Vorfrage: Denken Sie bei dem Wort Batteriewechsel etwa an Ihren PKW?! - 1.-Tg3:!  2.Db6:?! Weiß nimmt die Herausforderung an, um nicht einfach eine Figur zu verlieren (1.-Dg3:?  2.Lf4!; 1.-Kg3:?  2.Lf4+ und über Le6+ und Dd8+ ist der Weg ins Verderben vorgezeichnet!).

2.-Lf4!! Die erste Batterie ist gebildet - und kann jederzeit mit Abzugsschach losfeuern; beide Steine wurden zuerst auf die Batteriefelder aktiv geführt!

3.Tf2?! (3.Te3 Tg5+  4.Tg3 Tg3: usw.) 3.-Tg2+!! die nächste Batterie ... (im Problemschach wird so etwas häufig zu seriellen 'Treppenwitzen' ausgebaut!)  4.Kh1 Tg8+ und aufg., (5.Tg2 Tg2:  6.Dd8 Tg8 matt), aber schneller war -eben im Sinne des fortgesetzten Batteriewechsels - 4.-Th2+ Kg1  5.Th1 matt.

 

Nr. 8: Noch überraschender sind nicht-parallele Batterien. 1.sg6! Te8 (1.-fg6:  2.se7+ und 3.sg6: matt) 2.Tf7:! Kg7 (droht Tf8+ und sde7 matt) 3.Dh5!! Weiß baut trotz der vorhandenen (Läufer c4 und Springer d5) eine zweite Batterie auf, wozu ... eine heitere Seelenruhe gehört: 3.-Le6  4.sge7+ (nur die zweite darf losballern!) 4.-Kf8  5.Tf1+ sf6  6.Tf6:+ gf6:  7.Dh6: Kf7  8.Df6: matt!

 

Nr. 9: Nach 1.-Dc4:+!! 2.Kc4: La6+! (3.Kc5? d6 matt!) 3.sb5 sb5: (droht 4.-sa3 (d6)+  5.Kc5 Tb5 matt u.a.); ließ Weiß sich das Feuerwerk dreier Batterien nicht mehr zeigen: 4.sd4 (!) sd4:! (Erste!) 5.Kc3 se2+ (Zweite! - 5.Kc5? d6 matt) 6.Kd2 Tb2+  7.Ke1 Lc3+  8.Kf2 sf4+ (Dritte!) 9.Kg1 (3) Tg2: matt. Ein Unikum!

 

 

 

 

# 110: Kombiniere ... Matt! (I) Aljechin, der Zauberer.

Europa-Rochade S. 17-18

X 1990

 

# 113: Kombiniere... Matt! (II) Von Philidor bis Euwe.

Europa-Rochade S. 6

III 1991

 

# 115: Kombiniere... Matt! (III) Von Botwinnik bis Karpow.

Europa-Rochade S. 3

IV 1991

 

# 116: Kombiniere... Matt(-scheibe!).= Korrektur zu (II) Lasker!

Europa-Rochade S. 31

IV 1991

 

# 119: Kombiniere... Matt! (IV) Kasparow, der Hexenmeister.

Europa-Rochade S. 20

VII 1991

 

# 121: Kombiniere... Matt! (V) Der berühmte Herr N.N...

Europa-Rochade S. 29

X 1991

 

# 122: Kombiniere ... Matt! (VI) Small is beautiful...

Europa-Rochade S. „ER 11“ [Extra-Seiten]

XI 1991

 

# 123: Kombiniere ... Matt! (VII) Problemhafte Partiezüge...

Europa-Rochade S. „ER 10“ [Extra-Seiten]

XII 1991

 

# 126: Kombiniere ... Matt! (VIII) „Fern-Züge“ Erster Klasse.

Europa-Rochade S. 43

VI 1992

 

# 130: Kombiniere ... Matt! (IX) End(spiel)effekte...

Rochade Europa S. RE 16 [Extra-Seiten]

VI 1993

 

 

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