# 118 by © Hilmar Alquiros, Philippines

 

 

hilmar ebert, aachen

 

Power Chess & Warp Chess

 

 Am Freitag, den 29. Juni 1990, traten zu später Stunde 5 auffällig gutgelaunte, aber für die Umgebung völlig unbegreifliche Herren aus einem italienischen Restaurant im Aachener Studentenviertel, um sich in Richtung Alexianergraben fortzubewegen.

 Es handelte sich um den harten Kern der regelmäßigen four-men-only-meetings (h.e., Stefan Höning, Hans-Peter Reich + Jörg Kuhlmann) sowie als special guest Günter Büsing, der den längsten Anreiseweg hatte (aus Den Haag!); – beileid sich gerade fern von Aachen auf.

 Die richtige Stimmung, um eine lange schon heranreifende Idee am Schlawittchen zu fassen…"Gibt es unseres Wissens eigentlich schon eine Märchenart, bei der Weiß sowie Serienzüge machen darf, wie es der Länge des gerade gezogenen schwarzen Zuges entspricht?!", fragte ich heimtückisch. Damit war der Gegenstand der weiteren Nachtstunde definiert.

 Bei den ersten Versuchen stellte sich bald heraus, dass es einen wichtigen Unterschied macht, ob Weiß die Serienzuganteile pro beteiligtstem Stein en bloc erledigen muss (um die Dualgefahr zu bannen) oder nicht – was andere interessante Serienzugfolgen erlaubt; die beeindruckende Dynamik der neuen Märchenart führte alsbald zu den Namen „Power Chess“ und „Warp Chess“ (engl. spricht „worp“; „Warp“ = Überlichtantrieb in „Star-Trek“!).

 Definitionsspezialist Jörg Kuhlmann besorgte die voraussblickende Ausformulierung der Regeln und Erläuterungen, die im folgenden kursiv gedruckt sind.


Basisdefinitionen:

Power Chess:
So viele Teilschritte der jeweils letzte Einzelzug von Schwarz besaß, so viele Serienzüge in ununterbrochener Folge kann und muss Weiß mit seinem Antwortzug spielen.

Warp Chess:
Es gilt Power Chess mit einer Zusatzbedingung: Wird eine Zugserie auf mehrere Steine verteilt, muss jeder einbezogene Stein seine Teilzüge en bloc (am Stück) abwickeln.


 In Schema I sehe man eine Stellung, in der ohne die Power-Chess-Bedingung normalerweise kein h#2 zu sehen wäre…

1.Ta5! verleiht dem weißen König Riesenkräfte (1. … Kh2; Kf3:), ebenso der Rückkehrzug 2.Th5 (2. … Kg2,f8 = D,Df4#)!

Mit nur zwei Steinen mehr ist bereits die dreifache Rückkehr darstellbar:

(Schema Ia / h.e., Urdr.):

Kd3,Bc2 – Kb1,La1 Sc4,Ba4,d5,f5; POWER CHESS, h#2:

1.Lh8! Kf4; Kf5; Kd5; Kc4 2.La1! Kd3,c8 = D,Dc2#.

 

 Schema II demonstriert die Möglichkeiten bereits des Einzugs(!):

a) erfolgt die – in Power Chess und Warp Chess gleichermaßen – leibreizende Rochade 1.0–0+!

(1. … K g6,e8: = L!,Lg7=), in b) der Aufladungszug 1.Th3! (1. … Kh3;Ke6=); (vgl. Regel 9).

 

Schema III verdeutlicht die Zusatzbedingung im Warp Chess:

1.b3! g5 2.b2+ Ka2 3.b1 = L+ Kb3 und nach 4.Lh7 ("Scotty, Warp 6!") erfolgt definitionsgemäß dualfrei 4. … Ke6,g6,g7; h8 = D#, da der König seinen Zugsrienenteil en bloc erledigen musste.


Diagramme:

Schema I – hilmar ebert – h#2 Power Chess
Schema II – h.e. – h=1 b) wBc6 → e7 Warp Chess
Schema III – h.e. – H#4
Schema IV – h.e. – Semi-R#2 Power Chess (für Schwarz!)

 


Zusätzliche Definitionen & Erläuterungen

  1. Innerhalb einer Zugserie darf es nicht zu einer Stellungswiederholung kommen.

  2. Soll Power Chess für Schwarz statt für Weiß gelten, werden also umgekehrt schwarze Zugserien von der Anzahl weißer Teilschritte bestimmt; dies muss dann ausdrücklich gefordert werden.

  3. Im Reflexmatt (analog für Patt) bezieht sich der Zwang, einzig mattzusetzen, auf die gesamte Power-Zugserie, nicht isoliert auf einen ihrer Teilschritte.

  4. Gilt Power Chess nicht generell für eine Partie, sondern nur für einzelne – eigens kenntlich zu machende – Power-Steine („Power Men“), dann hat die Partei dieser Steine die Wahl zwischen einem normalen Einzelzug mit einem gewöhnlichen Stein und einer Zugserie mit einem, einigen oder allen ihren Power-Steinen.

Auch für Power-Steine gilt das grundsätzliche Verbot von Stellungswiederholungen innerhalb der Zugserie – wodurch u. a. interessante Tempomanöver ermöglicht werden!

Schema V zeigt einen Blockwechsel auf h7 mit einem Quasi-Echo:
a) 1.Kh8! Kg4! 2.Th7 f8 = D#;
b) 1.Lh7! f6 2.Te7 f7; e8 = D# – ein „Power-Minimal“ im doppelten Sinne.

Schema VI zeigt die Möglichkeiten des direkten orthodoxen Matts im Dreisteiner unter Powerbedingung des schwarzen Königs:
1.Te5? würde patsetzen, da Schwarz über keinen 4-schrittigen Antwortzug ohne Stellungswiederholung verfügt! Analog 1.Kg6? Kf8 2.Te5?

Schema VI: Nach 1.Ta8+? Kh5 2.Ta4 Kg8!! (via h8!) hat sich der Power-König klug aus der Affäre gezogen; ebenso nach 1.Tc5? (1. … Ke8? Kd6! 2.Td5!/Kf7!) 1. … Kh8, Kh7!! Daher 1.Td5! Kh6(!) – erzwungen via h8 – 2.Kf7 Kh7 3.Th5#.

Hier könnte der König nicht etwa 3. … Kh5?? spielen, da er nicht über ein bedrohtes Feld ziehen darf.

Zur Power-Zugserie gelten die Serienzugkonventionen mit nur einer Ausnahme:
Die Power-Zugserie gilt als ein einziger Zug und wird als solcher notiert. Insbesondere darf man sich mit den Teilschritten keinen Selbstschach leisten und Schach nur mit dem letzten Teilschritt geben.

  1. Wird eine Zugserie im Power Chess auf mehrere Steine verteilt, dann ist die Zugreihenfolge der einbezogenen Steine beliebig (Komponist muss für Eindeutigkeit sorgen!). Im Warp Chess dagegen muss jeder einbezogene Stein seine sämtlichen Teilschritte en bloc erledigen.

  2. Jeder Springerzug und jeder einstufige K/D/T/L/N/B-Zug von Schwarz wird mit einem weißen Einzelzug beantwortet; jeder mehrschrittige K/D/T/L/N/B-Zug von Schwarz mit genau so vielen weißen Zügen.

  3. Die kurze Rochade wird als vier-, die lange als fünf-schrittiges „Zug-Manöver“ gewertet.

Schema VII erlaubt der Rochade 1.0–0–0! somit einen Exzelsiormarsch des weißen Bauern mit Umwandlungswechsel in zwei Varianten:

  1. … a8 = L! 2.Lc7+ Ka7, Ld5+; Lb7#,

  2. … a8 = S! 2.Lb8! Sc7, Sd5; Kc6, Sb6#.


Schemata V–XIII (Kurzkommentare zu Diagrammen)

→ Pictures with Diagrams!


Power Chess and Warp Chess

Rules phrased by Jörg Kuhlmann and translated by Thorsten Zirkwitz:

 

Power Chess:

As many substeps as the last black single move incorporated, as many continuous series moves white can and must play.

Warp Chess:

Power Chess shall apply with a supplementary condition: in case a series of moves is spread over several units, every affected unit has to perform its submoves en bloc.

All statements concerning Power Chess apply to Warp Chess as well, unless clearly distinguished.

  1. Within a series of moves a position must not be repeated.

  2. If Power Chess shall apply to black instead of white and therefore each black series is determined by the number of white submoves, this must be stated explicitly.

  3. In reflex mate (and stalemate) the obligation to give mate in one move relates to the whole Power series.

  4. If Power Chess applies not to a side but to individual Power units, the side owning these units may choose between a normal move or a Power series with one, several or all its Power units.

  5. Any side is obliged to perform a Power series. If this is not possible without repeating a position, the side is stalemated.

  6. The conventions for series-movers apply to each Power series.

  7. If in Power Chess a series is spread over several units, the order is open; in Warp Chess every unit must perform its submoves en bloc.

  8. Every knight single move, and even single-step K/Q/R/B/N/P moves by black, are answered by a single white move; multi-step K/Q/R/B/N/P by the corresponding number of white moves.

  9. King’s side castling = 4-step, queen’s = 5-step manoeuvre.

  10. En-passant capture must follow the double step immediately as the first substep.

  11. Power series are determined only by the last submove of the opponent.

  12. If the opponent’s last move had different possible retro origins (fairy chess only), the Power side may choose the one determining its series.

  13. Side-effects (rebirths, Circe etc.) do not count as submoves.

  14. White’s opening move is normally single; only after retro proof of black’s last move starts a Power series.

  15. In Warp Chess, the obligation of a pawn to perform its moves en bloc does not end with its promotion.


48. feenschach-Thematurnier

Gefordert: Aufgaben aller Art mit Power Chess und/oder Warp Chess gemäß den oben genannten Vereinbarungen.

Einsendungen an Hans Gruber.

Einsendeschluss: 29.2.92.

Preisrichter: h.e., Stefan Höning, Hans-Peter Reich, Jörg Kuhlmann.

Preise: 250 DM für den ersten Preis sowie Bücher für weitere Preise.

Einsendebedingungen: analog FIDE-Album – eine Kopie genügt.

 

 

 

# 118: Power & Warp Chess.

feenschach (97) S. 395-399, XI 1990, erschienen:

VII 1991

 

# 125: Power & Warp Chess - 48. Thematurnier. Verlängerung der Einsendefrist...

feenschach (99) S. 19

IX-X 1991

 

# 136: Power & Warp Chess (Thematurnier - Preisbericht)

(mit Stefan Höning, Hans-Peter Reich & Jörg Kuhlmann).

feenschach (106) S. 417-422, XII 1992, erschienen:

III 1994

 

 

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