Hilmar Ebert

Die Mordillo-Position.

Ob das Knollennasenmännchen

den Monster-Roboter besiegen kann?

Computerschach & Spiele (2) S. 23, IV-V 1991

Titelbild: Mordillo-Poster

Die Mordillo-Position

Ob das Knollennasenmännchen den Monster-Roboter besiegen kann?

Was schenkt eine kluge Frau ihrem schachbegeisterten Lebensgefährten zum Nikolaustag?! Schon im Hinblick auf meine vorweihnachtlichen Kalorienkämpfe entschied sich Maria letztes Jahr für eine schachliche Delikatesse:

Ich rollte ein großes Poster auf und entdeckte ein riesiges Roboter-Monster, das eine Schachpartie gegen ein winziges Knollennasenmännchen spielt („Chess-Computer by Mordillo“, Dotam-Group, Holland) – mit räumlich gezeichneten, gut erkennbaren Figuren entsprechend folgendem Diagramm:

 Die Position ist übrigens materiell durchaus ausgeglichen, da das Monster einen schwarzen Läufer in seinen metallenen Klauen über dem Brett schweben lässt und gerade auf ein noch unbekanntes Feld setzen möchte.

 Um die Stellung näher analysieren zu können, müßte man wenigstens wissen, von wo aus der schwarze Läufer seinen Zug begann…So ging es mir durch den Kopf.Während ich immer gebannter, ja geradezu hypnotisiert auf das Poster starrte, hörte ich plötzlich deutlich vernehmbar (aber woher?!) eine metallene Stimme ausrufen:

 „Der Läufer stand noch auf seinem Ursprungsfeld!“

 Nach diesem wichtigen Hinweis setzte ich alles daran, dem Knollennasen-David gegen den mächtigen Roboter-Goliath zu helfen (zuvor von einem „ur-alten“ Mephisto MM II unterstützt).

 Auf einigen Feldern für den schwarzen Läufer scheint der Gewinn entweder trivial (z. B. Läufer auf h?? – 1.Thx3!) oder doch nur eine Frage der Zeit zu sein, etwa nach Läufer auf a6:

1.Dc2! und Schwarz dürfte gegen die vielfältigen Drohungen (Dc6+, Dc7, Dg6+ oder d7+) machtlos sein. Sehen wir uns weitere mögliche Standfelder an:

• Läufer b7: 1.Db4! klärt die Lage, denn z. B. auf 1…Le4 steht Schwarz nach 2.Sg6! Dg8 3.d7+ schrecklich.

• Läufer g4: 1.Sg6! Dg8 2.Db4 sieht vielversprechend aus, z. B. nach 2…Ld7?! kann sich der Knollennasenmann mit 3.Dxb7 Txa5 4.Db8+! Kf7 5.Sf8!! keck auf die gegnerische Dame stürzen.

•  Nach Läufer auf f5 nimmt die Partie einen langsameren Verlauf, ist aber für Schwarz positionell recht unerquicklich: 1.dxe5!, und weder 1…Lg4 2.Tg1 Ld7 3.Sxf3 noch 1…Dh7 2.Sxf3 Se6 3.Lb4 u. a. machen die schwarze Stellung erträglicher, wenn nicht auch hier eine raschere Lösung für Weiß gefunden werden kann…

• Nach Läufer auf e6 könnte Weiß 1.Sg6! Dg8 2.Txh6 spielen (z. B. 2…f3 3.Dxf2 Df7 4.Th8+).

• Desgleichen, wenn der Läufer nach d7 ziehen wollte: 1.Sg6! Dg8 2.Txh6 f2 3.Dxf2 Txa5 4.Th8 Dxh8 5.Sx h8, und der Materialvorteil dürfte sich mit der Zeit durchsetzen, z. B. 5.Sf5 Dg2 6.e6 D7b7!! Sxd6 8.Dc6+ Ke7 9.Dc7+ Ld7 10.Sg6+ Ke8 11.Sf8…!!

• Also grundsätzlich für Weiß gewonnen?! – Halt! Ich hatte ganz übersehen, dass auch f8 das Ursprungsfeld sein könnte, mithin (da Le?? chancenlos ist) Läufer nach d6! (Lxd6, mit Schlag des weißen Bauern) als beste Möglichkeit für Schwarz in Frage kommt! Wie sieht die Partie in diesem Falle?

 Haben Sie einen guten Vorschlag für den Knollennasenmann gegen die schwarzen Drohungen (Dg8, Df8, Tb8)? Wie sieht es mit 1.Dc2 aus? Schreiben Sie bitte Ihre Vorschläge (oder die Ihres Computers) an die Redaktion; die besten Strategien gegen das Monster werden in der nächsten Ausgabe vorgestellt.

Die Mordillo-Position

oder: Warum Weiß chancenlos ist

Mordillo überrascht uns alle

und hat wie stets die Riesenfalle:

Der Läufer ist nur umgewandelt,

um’s Ursprungsfeld e1 sich’s handelt.

Das Monster schlägt die Dame weg.

Das Knollennännchen kriegt ’nen Schreck,

stößt linker Hand den Wandelbauern

vor Wut herab, beginnt zu trauern.

Das Titelbild beweist den Fall.

Ein Sieg für Weiß bleibt Rauch und Schall.

Gerhard Josten, Köln

Der Autor:

 Dr. Hilmar Ebert besitzt die weltweit größte Sammlung von Schachaufgaben bis max. 4 Steine (ca. 20.000 Stellungen). Er publiziert seit 1975 Aufsätze, Bücher und Artikel über Problemschach; beispielsweise 200 ausgewählte Schachaufgaben: Eine Sammlung*, die er (mit Unterstützung eines Atari-Forums) im Selbstverlag herausbringt.

 Dr. Ebert erscheint regelmäßig in CSS.           *eigener Kompositionen.

0... Kd6:(!) Remis!! 1.Dc3?! Df8!, 1.Dc2 La3:+!