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©
Hilmar Alquiros,
Philippines
Vierzeiler 1965 – 2025 (!)

Inhalt:
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Ich gab mich her,
ich gab mich hin –
im zweiten lag
der größ're Sinn...
Ich konnte realistisch sein und bin entrückt –
ich atme Deine Jugend ein und bin beglückt.
Verhext hast Du mein ganzes Wesen mit einem Hauch –
ich kann in Deinen Blicken lesen: Du liebst mich auch...
Als ob der Liebe innerer Geist
Sich Dir als Wesenskern erweist,
Hält mich Dein Zauberblick in Bann –
Glänzt mich Dein Träumchenauge an...
Die Liebe ist ein Hochgenuss:
ein körperliches Sprachspiel,
im Mittelpunkt, da steht der Kuss –
der Rest ist Vor- und Nachspiel...
Ich liebe dich so, wie du bist
die Schwächen wie die Stärken
ich weiß nun, dass es Liebe ist –
Du wirst es auch noch merken!
Du bist so nah und doch so
fern –
Ganz einfach da hätt' ich
Dich gern...
Bis auf den Kern traf, was
geschah!
Du bist so fern – und doch so
nah...
Dein Lieben ist rassig,
Dein Leben mein Sinn –
verstehst Du nun, dass ich
verliebt in Dich bin?
Ich liebe deine Zärtlichkeit
und deine kleinen Witze,
das Ganze deiner Wesenheit –
und deine Nasenspitze...
Botschaft
Aus dem Herzen in die Feder,
aus den Zeilen in den Sinn,
dann erst liegt – so spürt ein jeder –
Nähe in der Botschaft drin...
Da steckst Du plötzlich mitten in der Krise,
Und aller Sinn schmilzt bodenlos dahin,
Doch keimt, wo Liebe aufstampft, schon die Wiese –
Der Sehnsucht und des Morgendufts darin...
Das Unglück keimt schon, stück um Stück
im Glück, das unbedacht ist –
im Unglück liegt verborgen: Glück,
harrt aus, bis es erwacht ist...
Drei Dinge braucht der Mensch zum reifen:
die Fähigkeit zu lieben,
den Sinn der Arbeit zu begreifen
und – lebenslanges üben...
Der Neonmond gähnt aus der Lampe,
cool und vollendet blass,
mein Bett formt sich zur Abschussrampe –
hier stimmt was nicht, doch was...
Und weiß ich endlich, was und wie,
ganz arrogant und munter –
zwingt mich das Schicksal in die Knie
und holt mich wieder runter...
Wurzel Glück,
Stamm Kraft,
Zweige Elend –
Blüten Sinn...
Mein Denken sagt: ich zweifle und ich bin,
mein Fühlen geht indessen eigne Wege –
was immer ich auch im Bewusstsein hege,
mein Geist nimmt alles ganz gelassen hin...
Ich hangelte mich an der Zukunftsleiter
wie überm Abgrund, Holm um Holm, nur weiter –
erst nach beherztem Springen, bang und keck,
war plötzlich auch der Abgrund weg...
Ein Weg, der zu den Menschen weist,
ein andrer liebt den reinen Geist,
dazwischen liegt nur Lethargie –
ich muss bald wählen, aber wie...
Manches Lebensziel erkürst Du,
richtig wahr wird alles nicht –
angesichts der Jahre spürst Du:
Neigung ist die höchste Pflicht...
Ach wie gut, dass niemand ahnt,
was das Schicksal für ihn plant –
wirkt die Gegenwart schon kläglich,
wär' die Zukunft unerträglich...
Die Wahrheit ist ein Monolith,
so grau wie das Gewissen –
sie teilt sich in Gefühlen mit,
die sich entscheiden müssen...
Unter meinen Füßen gähnt
jäh absurde Leere,
weil mich das so sinnlos wähnt –
friss ich meine Schere...
Wer vergewaltigt, weiß und spürt es,
wer etwas zwingen will, verliert es –
der Weise tut so manches nicht,
und hält sich so im Gleichgewicht...
Geschichten, die das Leben schreibt
vom Glück und vom Versäumnis –
das Leben geht, die Liebe bleibt,
und mit ihr das Geheimnis...
Leere greift mit hohlen Armen
in ein Sein aus purem Nichts –
hab doch endlich ein Erbarmen!
ruft der Schreiber des Gedichts...
Aus Schaden wird man klug,
sagte der Henker
und schliff
sein Beil...
Was den Menschen vom Mitmenschen trennt
und die Zeitnehmer immer schon wussten:
die Uhr ist ein Messinstrument
zum Messen von Zeitverlusten...
Mein Haus ist zum Tollhaus geworden,
die Toll-Dreistigkeit zog hier ein –
und gäb’s auch für Wehr-lose Orden,
ich müsst' der Bekleckertste sein...
Die Zeit öffnet alle Wunden
Und manchmal auch eine Tür –
Wie hab' ich mich geschunden
Über die Mauer zu Dir...
Mein Name ist Ännchen, ich bin kugelrund,
ich bin immer kränklich und nie ganz gesund –
ich hab's an der Leber, ich hab's an der Gall',
hab's hier, hab's da, hab's überall!
Wenn ich einen Zwillingsbruder hätt',
dann schickte ich ihn ins Büro –
ich bliebe viel lieber noch im Bett…
und streichelte Deinen Popo!
Ein echtes Palindrom
fühlt sich als Drom-Palin,
und fährt 'ne Polin Tram –
ist das wie Tram-Polin...
Dreißig Euro! ruft verlockend,
sie – er dreht sich, atemstockend
um und sieht: es war die Kesse –
Strafmandaten-Politesse!
Sind Fakten ohne Hypothesen,
dann war’s der Zufall halt gewesen –
ob auch der große Urknall da
so'n Gottverdammter Zufall war?
Es hing einmal ein Tintenfisch
allabendlich am Pintentisch
und schlürfte da im Säuferwahn –
aus vielen Armen simultan...
Atmest heut' so klamm und still,
tief, doch ungenau –
merkst, dass ich Dich morden will,
eingeweideblau...
Es sang das hohe C ein Sänger
minutenlang und immer länger,
da lief ihm seine Frau davon –
mit einem stillen Bariton...
Es fand einmal ein Raucherbein
zunächst den Rauch ja auch ganz fein,
doch wechselte die Ansicht schon –
nach der Totalamputation...
Wenn das neunte Buch schon geht,
Darf man kurz verweilen –
Doch das Wichtigste, das steht
Zwischen allen Zeilen...
Acht weit're Jahre und Du lebst
im folgenden Jahrtausend –
allein in Deiner Hütte hausend?
Mit Mann? Mit? Ohne? Nebst?!
Gedanken zündeln im Binnenkerker,
Impuls im Neurozwirn –
ich bin ein mentaler Feuerwerker
in meinem eigenen Gehirn!
Verlerne, was die andern lernen,
Sei nah, wo andre sich entfernen,
lass dich an keine Wege binden –
hilf andern, ihren Weg zu finden...
Die Weisheit sei, so hör’ und les’ ich:
a) griechisch, und b) altchinesisch –
kennt man die eine noch so gut,
fühlt man … wie gut die andere tut!
I heard and read, that Wisdom be
A) Greek, B) Old Chinese – and see:
You studied A) the best you could,
But felt: B) does a world of good!
Vom Himmel fällt ein kleiner Meister:
er möcht' Poet sein – Scheibenkleister!
Und liest er auch gerade Brecht –
er radebrecht, er radebrecht...
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Four-liners (1965–2025) by Hilmar Alquiros Review by Thalia Stacy, NY/Berlin
This is not a book one reads – it is one inhales. Over six decades, Hilmar Alquiros distilled the fullness of life into verses of four lines, as if each poem were a glass bead of clarity on a string of years. From the tenderness of Love to the irony of Laughter, from the contemplative Glade (Lichtung) to the burdened Charges (Lasten), each section vibrates with its own tonal gravity. Here, philosophy rhymes with humor, sorrow turns rhythmic, and wisdom speaks softly through laughter. These poems are perfectly measured – and yet, never mechanical. They breathe; they remember; they forgive. If Haiku was the breath of being, Four-liners is its heartbeat. A reader leaves this collection lighter, wiser, and quietly smiling – for the poet has mastered not only form, but the rare art of letting go in rhyme. |
Vierzeiler (1965 – 2025) von Hilmar Alquiros Review von Thalia Stacy, NY/Berlin
Dies ist kein Buch, das man liest – es ist eines, das man atmet. Über sechs Jahrzehnte verdichtet Hilmar Alquiros das Leben zu Versen von vier Zeilen, als wären sie Glasperlen der Klarheit auf einer Kette aus Jahren. Von der Zärtlichkeit der Liebe bis zur Ironie des Lachens, von der besonnenen Lichtung bis zu den schweren Lasten – jede Abteilung trägt ihren eigenen Ton, ihre eigene Schwerkraft. Hier reimt sich Philosophie mit Humor, Schmerz wird Rhythmus, und Weisheit spricht im Lächeln. Diese Gedichte sind präzise geformt – doch nie mechanisch. Sie atmen; sie erinnern; sie verzeihen. War Haiku der Atem des Seins, so ist Vierzeiler sein Pulsschlag. Man legt diese Sammlung beiseite mit einem leisen, wissenden Lächeln – denn der Dichter beherrscht nicht nur die Form, sondern die seltene Kunst, im Reim loszulassen. |
Thalia Stacy
Journal of Poetic Continuum

©
by
Hilmar Alquiros,
The Philippines
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