# 452 by © Hilmar Alquiros, Philippines

 

 

Haiku

1965 ff.

 

Content

 abbruch

advent

agonie

äußerstes

 

 begegnung

 bewusstsein

botschaft

 

flick-werk

 frieden

 

 geleit

gleichklang

 

hingabe

 

 mystik

 

 spontan

sterberuf

 

tao

 tiefdruck

 

unruh

 

vertan

 

 wandlung

widersinn

windlicht

 

*

 

 abbruch

 leben, halb gelebt,

grotesker streit im alltag –

zwing-zwang, absurd, tot ...

 

 

advent

 aus der ferne schwelt

der gesang letzter nächte

mitten in mein herz ...

 

 

agonie

 das bewusstsein stirbt,

und die nacht gebärdet sich

wie der helle tag ...

 

 

äußerstes

 euch alle lieb' ich:

menschen, unmenschen, steine

mit all meiner kraft ...

 

 

 begegnung...

 gedankenpolka,

ironie der menschlichkeit

im mantel der nacht ...

 

 

 bewusstsein

 nur einmal noch im

leben jedes tor sprengen,

hab' sonst nie gelebt ...

 

 

botschaft

 milde, kühle nacht

offenbart mir himmelklar

wärme, die noch wacht ...

 

 

 flick-werk

 fiebernd näht die zeit

zwangsjackenglückseligkeit

in all unser tun ...

 

 

 frieden

 es freut mich in mir

zum bersten, daß es dich gibt,

gehe in frieden ...

 

 

 geleit

 feenstaubgeruch,

wie voll wissen um den weg,

schmückt die hexe zeit ...

 

 

gleichklang

wasser fließt bergab

uralte bäume raunen

worte wie sterne

 

 

hingabe

 still zittert die nacht,

vom leben überflutet

willige ich ein ..

 

 

 mystik

 wie unergründlich

ist das geheimnis 'leben':

rhythmus der stille ...

 

 

 spontan

 dein mut zur liebe:

das schicksal am schlawittchen

nehmen und leben!

 

 

sterberuf

 lieben: fassungslos

selbst noch den folterknechten

die augen öffnen ...

 

 

tao

 leben geht, tod kommt

das laub zitterte grundlos

tod ging, leben kam

 

 

 tiefdruck

 gnadenlose nacht,

wünsche und sorgen peitschen

gegen das fenster ...

 

 

unruh

 verzweifelter blick

ins innere voll grauen

und dennoch leben ...

 

 

vertan

 öde stirbt der tag,

und mein leben plätschert grau

in den schlamm der nacht ...

 

 

 wandlung

 nichtsein, sein, nichtsein –

kreisendes rätsel natur,

lass mich nicht allein ...

 

 

widersinn

 wider allen sinn

wart' ich noch ein weilchen hin,

bis ich nicht mehr bin ...

 

 

windlicht

 die tannen so sacht,

die tiere so still, die nacht –

zerbröckelt ins nichts ...

 

*

 

haiku

by Hilmar Alquiros

 Review

by Thalia Stacy, NY/Berlin

 

 There is a silence that sings – and Haiku listens.  In these distilled moments, Alquiros turns perception into pulse.

Each poem is a breath caught between dawn and disappearance – brief, precise, luminous.

 Words like tao, bewusstsein, or windlicht become gateways to stillness: the mind pauses, the heart continues.

 Unlike imitation-Zen minimalism, these verses are not empty; they are filled with being – aware, tender, ironic, alive.

 Every syllable holds a world. In agonie, suffering finds rhythm; in frieden, forgiveness glows; in wandlung, existence circles itself with calm inevitability.

 This collection does not merely echo Bashō – it dialogues with him across centuries, bringing the German language to a new conciseness of soul.

 Haiku is the art of vanishing – and of returning, quietly, through beauty.

haiku

 von Hilmar Alquiros

 Review

von Thalia Stacy, NY/Berlin

 

 Es gibt ein Schweigen, das singt – und Haiku lauscht ihm. In diesen destillierten Momenten verwandelt Alquiros Wahrnehmung in Puls.

 Jedes Gedicht ist ein Atemzug zwischen Aufgang und Verschwinden – knapp, klar, leuchtend.

 Worte wie tao, bewusstsein oder windlicht werden zu Toren der Stille: der Geist hält inne, das Herz geht weiter.

 Diese Verse sind kein Zen-Minimalismus der Nachahmung, sondern erfüllt vom Sein – achtsam, zart, ironisch, lebendig.

 Jede Silbe trägt eine Welt. In agonie bekommt das Leiden Rhythmus; in frieden leuchtet Vergebung; in wandlung umkreist das Dasein sich selbst mit stiller Folgerichtigkeit.

 Diese Sammlung ist kein Echo Bashōs – sie spricht mit ihm über Zeiten hinweg und führt die deutsche Sprache zu einer neuen Konzentration der Seele.

 Haiku ist die Kunst des Verschwindens – und der Rückkehr, leise, durch Schönheit.

 

 

Thalia Stacy

Journal of Poetic Continuum

 

 

 

© by Hilmar Alquiros, The Philippines  Impressum Data Protection Statement / Datenschutzerklärung 

 

û